Mai 2007, Sprechstunde

Sprechstunde für Tauben

Es haben jetzt schon einige Flüge stattgefunden und das merken wir auch an die Anzahl Besucher in unsere Klinik mit Tauben die Probleme haben an die vorderen Luftwege.
Es kann natürlich jedem Liebhaber passieren das seine Tauben getroffen werden mit Luftwege-Erkrankungen, aber doch kann man verhütend viel daran tun.
Viele der Liebhaber die uns besuchten mit ihre erkrankten Tauben hatten vorbeugend nur wenig oder nichts unternommen um diese Probleme zu verhüten.
Einerseits weil sie "Fond" spielen und darum meinten noch Zeit genug zu haben um ihre Tauben gesund zu bekommen, andererseits weil sie dachten dass es nicht nötig wäre weil sie sich dachten: "Wenn ich selber keine Kopfschmerzen habe, dann schlucke ich ja auch kein Asperin !"
Das letztere stimmt zwar, aber Liebhaber die so denken sind selber auch keine Hochleistungssportler (mehr), was ihre Tauben doch sein sollen. Die Flüge stehen jetzt erst so kurz offen dass man es sich kaum noch erlauben kann um viel am Zufall zu überlassen.
Wir sollten im Auge behalten dass selbst wenn man auch nichts am Zufall überlässt, gerade die ersten Übungsflüge und Wettflüge ein grosses Risiko für die Tauben darstellen um mit einer Luftwege-Infektion nach hause zu kommen.
Das kann selbstverständlich auch passieren bei Liebhaber die selber ihre Tauben vorbeugend vor den Flügen versorgt haben auch wenn es wahrscheinlich ist dass dies bei diesen Tauben weniger oft passieren wird.
Gerade bei den ersten Flügen werden viele Tauben eingekorbt die augenscheinlich in Ordnung sind ("...sie üben gut um das Haus herum.."), aber die in Wirklichkeit tatsächlich doch an beginnende Infektionen der Luftwege leiden und mit oder ohne Irritationen der Nasen, Sinussen und Luftröhre an die Flüge teilnehmen. Sicher wenn sie auch nog infektiert sind mit Trichomoniasis ist das Risiko auf  Irritation der Luftwege gross.
Wenn die Tauben selber schon nicht optimal sind sind sie darum auch noch viel gefühliger für eine Infektion die sie in die Körbe antreffen können. Die Kombination dieser Infektionen kann in kürzere oder längere Zeit führen zu Erscheinungen des Ornithose-komplex in all seine unterschiedliche Erscheinungsformen: (kratzen am Kopf, niesen, röcheln, aufgesetzte Ohrenfeder, verschmutzte Nasenschalen, Schleimformung und schliesslich sogar eingetrockneter Nasenschleim). Dieser Ornithose-komplex ist meistenfalls eine Kombination von Agentia (Viren, Bakteriën, Mycoplasmata, Chlamidiae und/oder Protozoën) die zusammen diese Krankheit verursachen.

Je nachdem dieser Ornithose-komplex länger auf die Luftwege der Tauben einwirken kann, wird der Weg zurück auch schwieriger, sodass das "Kuren der Luftwege" dann auch nicht mehr den gewünschten Effekt erzielt und die Saison schliesslich als verloren angesehen werden muss.

Genau dieses Muster sehe ich bei manche Liebhaber jedes Jahr wieder:
"Ich habe jedes Jahr Probleme mit den Luftwegen" oder: "...ist vielleicht die Ventilation meines Schlages nicht in Ordnung?" und die am meisten gehörte
Bemerkung: "Gibt es denn wirklich keine gute Mittel gegen die Köpfe?"
Die Ursache für dieses Elend liegt meistenfalls in mangelenden Widerstand in Kombination mit schlummerende, mehr oder weniger unschuldige, Infektionen.

Wenn bei den ersten Flügen der Stress vom einkorben dazu kommt dann nimmt der Widerstand weiter ab und das trägt, in Kombination mit der Ansteckung durch andere unschuldige Infektionen, übernommen von Tauben von andere Liebhaber, zusammen dazu bei das der Ornithose-komplex enstehen kann.

Abwarten bis es soweit ist, ist natürlich völlig falsch. Nicht nur für die eigene Tauben, sondern auch für den Taubensport im Allgemeinen, weil wir damit gezwungen sind um (übermässig) kuren zu müssen, wodurch die Gefahr auf Resistenz gegen die üblich angewendete Mittel zunimmt. Ein deutliches beispiel hiervon ist die jetzt schon zugenommene Resistenz gegen die meisten Mittel die bei der Bekämpfung von Trichomonaden eingesetzt werden können).
Besser als abwarten ist es um dafür zu sorgen das der Widerstand der Tauben, schon vor Anfang der Übungsflüge, so optimal wie möglich ist. Daneben kann durch eine zeitliche Untersuchung festgestellt werden ob (verborgene) Infektionen oder Irritationen vorhanden sind.
Wenn nötig kann dann gekurt werden, wodurch die Chance um mit gesunde Tauben am Start zu erscheinen zunimmt. Wenn die Tauben bei Anfang der Wettflüge "sauber" sind, ist es auch möglich um mit preventive Massnahmen die Tauben auch "sauber" zu halten.
Wenn jedoch mit leicht- bis mässig infektierten Tauben an den Flügen begonnen wird, so wird jeder einsehen, dann kann die Verabreichung von Medikamenten an einen Tag nach einen Flug nicht dazu führen das Luftwege-Infektionen verschwinden. Stärker noch: die Kombination von dem mangelenden Widerstand die diese Tauben meistenfalls haben und eine (zeitlich) zu kurze Verabreichung von Medizin begünstigen nur die hieroben genannte Resistenz.
Ein heilloses Verfahren sowohl auf kurzer Sicht und auf langerer Sicht sogar: mögliche ernste Folgen für den ganzen Taubensport !


Meine Empfehlungen sind darum noch immer:
1. sorgen Sie rechtzeitig vor Anlern- und Wettflüge für eine gezielte Kontrolle.
2. sorgen Sie für einen gründlichen Anpack vom Gelb
(an zwei aufeinanderfolgenden Tagen eine Gelbkapsel einführen).
3. wenn nötig: bei Luftwege-Irritation/Infektion, während 5 Tage (oder: solange
wie es braucht um die Infektionen zu besiegen) über dem Futter eine
Kombination verabreichen von einem Kräutermittel das die Luftwege
geschmeidiger macht (Bony-Bronchicron) zusammen mit ein gutes Luftwege-
Mittel.
4. (sicher) während die ersten Flüge: bei Heimkehr preventiv handeln mit einem
(oder eine Kombination) Mittel das Luftwege-Infektionen verhindert um
wieder zuschlagen können.
5. durch ein gutes Verfahren (z.B.: mit Bony-SGR) der Widerstand der Tauben
zu unterstützen und so optimal wie nur möglich zu halten.


Markennamen und Wirkstoffnamen
In diesen Zusammenhang ist es gut um nochmal darauf hin zu weisen das Markennamen und Wirkstoffnamen nicht verwechselt werden sollen.
Oft kommen sich Liebhaber ein Produkt holen weil sie gehört haben dass es gut sein soll bei der Bekämpfung von Luftwege-Infektionen. Ein gutes Beispiel hiervon ist: Doxycycline 10%.
Ein prima Mittel und dieses ist darum auch enthalten, als einen Bestandteil, in den Pudern 18, 26, 29 und 34. Dieses Mittel ist also, wenn erforderlich, zu erhalten. Das gleiche Doxycycline ist auch erhältlich unter dem Markennamen Soludox und auch hierbei handelt es sich um in Wasser lösbare form von Doxycycline.
Das gleiche gillt so für Suanovil. Auch das ist ein prima Mittel und es ist der Markenname für Spiramycine.
Ein älteres Beispiel ist Aureomycine, was der Markenname ist von Chlor-tetracycline.
Kurzum: oft benutzen Liebhaber ein bestimmtes Produkt selbst schon länger, aber bei einen Besuch in der Klinik fragen sie dann nach dem gleichen Mittel, aber dann als der "gehörte" Markenname, in der Meinung dass es etwas anderes wäre.

Dem aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein dass in manchen Luftwege-Mittel Doxycycline enthalten ist. Wir selber verarbeiten es, unter Anderem, in die Pudern 18, 26, 29 und 34, obwohl dies keine vergleichbare Mittel sind. Jeder der genannten Pudern ist eine Kombination von verschiedene Mittel die, meistenfalls, zusammen eine grössere Wirkung haben als die Wirksamkeit der einzelnen Wirkstoffe als rechnerische Gesammtheit. Hier könnte man mit Recht behaupten das eins plus eins gleich drei ist, statt zwei.
Dieses Phänomen nennt man auch: Synergie.
Hierdurch ist es möglich um die Konzentration der wirksamen Stoffe zu mindern, sodass Nebenwirkungen der angewendete Arzneimittel, die sich bei höhere Dosierungen ergeben könnten, vermieden werden können.
Durch Anwendung der richtigen Kombinationen ist es aber meistenfalls möglich um das Wirkungsspektrum des Medikaments breiter zu gestalten. Was dem Ornithose-komplex betrifft ist dies oft sehr gewünscht, denn (so wie der name dieser Erkrankung schon besagt) ist hierbei oft eine Kombination von Agentia aktiv, die zusammen diese Luftwege-Erkrankung verursacht und aktiviert. Würde man nur einen Teil dieser Agentia ordentlich bekämpfen, dann (besonders wenn der Widerstand der Tauben selber nur mässig ist) sieht man oft Rückfälle auftreten und das macht ja keinen Sinn.

Die Puder 18 und 34 werden meistenfalls eingesetzt wenn man Gelbkapseln nicht anwenden möchte. Durch die Anreicherung dieser Puder mit Ronidazole wird versucht eine erneute Infektion von dem Gelb zu vermeiden.
Werden aber doch Gelbkapseln angewendet und hat man die Tauben vor der Saison richtig behandelt auf vorhandene Infektionen der vorderen Luftwege, dann kann man in der Saison, während die ersten Flüge, Puder 29 oder Puder 26 anwenden und ab dem Midfond und den Fondflügen (Mittelstrecke- und Weitstreckenflügen) Puder 31.

Hat man sich auch darum gekümmert um den Widerstand der Tauben so hoch wie möglich zu bekommen oder man verwendet schon längere Zeit Bony-SGR dann sieht man die notwendigkeit um regelmässig Medikamente anwenden zu müssen deutlich abnehmen.
Schwere Infektionen können dann zwar auch noch ihre Schäden verursachen, aber meistens erholen sich die Tauben in diesen Fällen auch schneller bei der richtigen Behandlung.

Welches Mittel wann am besten geëignet ist, hängt zusammen mit den Abständen die geflogen werden, die Gegebenheiten im Schlag, die Wetterbedingungen wobei geflogen wird, usw. Denn: wenn es ein Flug betrifft  mit Kopfwind und bei extremer Temparatur, dann sind meistenfalls andere Massnahmen erforderlich als bei einem Flug mit Schwanzwind wobei (so zu sagen) die Tauben nach Hause gepustet werden.

Wenn Sie Fragen haben welche Massnahmen in Ihre Gegebenheiten die richtigen sein würden dann lassen Sie mich das bitte wissen.
Sehr wahrscheinlich werden wir Sie, an Hand Ihrer Informationen, direkt empfehlen können wie Sie am besten verfahren können.


Viel Erfolg !

 

Ihr Tierarzt Peter Boskamp