Interview (Teil 3)
Im Januar wurde auf der Website www.brieftauben-markt ein Interview publiziert. Weil darin sehr in-teressante Sachen zur Sprache kamen, haben wir den dritten Teil des Interviews in den Newsletter von April aufgenommen. Gibt es „neue“ Krankheitsbilder, welche die Ge-sundheit der Tauben bedrohen ?
Ja, die gibt es in der Tat. Insbesondere die Vireninfek-tionen nehmen einen verstärkten Stellenwert ein. Ne-ben den bekannten Viren wie Paramyxo und Pocken, für die es eine gute Impfmöglichkeit gibt, sind hier Herpes und Circo zu nennen.
Insbesondere stellen wir seit 3 Jahren eine dramatische Zunahme des Herpes-Virus fest. Das Resultat sind die verheerenden Jungtaubenverluste zu Beginn der Jung-taubensaison. Sichtbar ist ein Befall durch eine Rötung der Rachen und der erfahrene Tierarzt hört es an der Atmung. Sicher ist hier die Feststellung eines eigenen Resistenzpro.ls.
Durch Blutuntersuchungen bei Reisetauben hat man feststellen können, daß ca. die Hälfte der Tauben gegen den Herpesvirus Abwehrsto.e hat. Wahrschein-lich ist also die Hälfte der Tauben latent in.ziert, was bedeutet, daß sie den Virus tragen, aber keine Krank-heitssymptome zeigen. Klinische Fälle, in denen Tau-ben Krankheitssymptome zeigen, kommen tatsächlich nicht so oft vor.
In.zierte Tauben bleiben lebenslang Träger des Virus.
Unter Streßfaktoren kann die Ausscheidung des Virus zunehmen. Bei jungen Tauben, zwischen 2 und 10 Wochen alt, kann der Herpesvirus allgemeine Krank-heitssymptome hervorrufen. Bei älteren Tauben wird dem Herpesvirus eine beschränkte Rolle beim Coryza Contagiosa Komplex zugesprochen.
Bei Nestjungen kann durch Herpes akute Sterblichkeit ohne jegliche Symptome auftreten. Ältere Tauben mit klinischer Herpesvirusinfektion können einen diftero-iden Belag im Hals, im Schnabel, im Schluckdarm und im Kopf bekommen. Man darf dies nicht mit Gelbem Kröpf (Trichomoniasis), Candida oder Pocken-Diphte-rie verwechseln.
Gegen eine Ansteckung mit dem Taubenherpesvirus gibt es, außer einigen experimentellen Behandlungen mit Virushemmern keine Therapie. Es kann nicht da-gegen geimpft werden. Die Behandlung der befallenen Tauben sollte aus Trennung der Paartauben bestehen. Die difteroiden Beläge kann man mit Jodium betup-fen.
Zur Prävention sekundärer Infektionen können eine Woche lang bis 10 Tage Marbocap und AMX- Ta-bletten gegeben werden. In ernsten Fällen muss man die Tauben künstlich füttern und wird die Gabe einer .üssigen Aminosäure/Elektrolytenlösung empfohlen
Das gefährliche am Circo-Virus ist seine Eigenschaft als Wegbereiter für viele andere Krankheiten wie z.B. die Jungtaubenkrankheit.
Circo-Virus werden in Europa erst in den letzten Jahren bei Tauben beschrieben. Die Krankheit kommt
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nur bei jungen Tauben im Alter von 6 Wochen bis zu einem Jahr vor. Im Alter bis zu vier Monaten scheinen sie am anfälligsten dafür zu sein.
Die Krankheit ist nicht, wie z. B. die klassische Adeno-virose, an eine Jahreszeit gebunden. Die Sterblichkeit bei Nestjungen und Jungen, die erst abgesetzt wurden, kann im Alter bis zu 8 Wochen 100 betragen. Manch-mal ist die Sterblichkeit jedoch minimal und tritt sie nach drei bis vier Tagen nach den ersten Anzeichen ein. Es steht fest, daß der Circo-Virus sehr häu.g bei jun-gen Tauben vorkommt. Wie die Ansteckung allerdings genau verläuft, ist nicht bekannt. Möglicherweise über den Mist, z.B. in Reisekörben. Man geht davon aus, daß der Virus die Abwehr unterdrückt (imunosup-pressie), was aber noch nicht bewiesen ist. Oft tri.t man ihn bei gleichzeitigen anderen Krankheiten an. Bei Sektion stellt sich auch die Frage, ob gefundene Abweichungen Folgen des Virus oder der Begleit-krankheiten sind. Oft sind die Begleitkrankheiten für Sterblichkeit verantwortlich. Wahrscheinlich kann man die Krankheit in Verbindung mit einer schlechten all-gemeinen Kondition der Tauben und mit Sterblichkeit bei Nestjungen sehen. Dies entsteht durch Virusver-mehrung in den Organen des Abwehrsystems, was eine Schwächung der Abwehr und z. B. schlechte Reaktio-nen auf Impfungen zur Folge hat. Es ist möglich, daß viele Jungen die Infektion symptomfrei durchmachen. Wenn eine Infektion zu späterem Zeitpunkt statt.n-det, bleiben die Folgen beschränkt. Bei Sektion werden dann oft nur eine blasse oder geschwollene Milz, halb-.üssiger grüner Stuhlgang und grünlicher Mageninhalt gefunden. In der Bursa von Fabricius werden Antikör-per gefunden.
Die Diagnositizierung .ndet anhand der histolo-gischen Beweise der Antikörper in der Bursa statt. Virusisolation wird nicht ausgeführt. In Verbindung mit dem Angri. auf das Abwehrsystem kann es wichtig sein, die Abwehr älterer Tiere so hoch wie möglich zu halten. Bony-SGR trägt zur Stärkung der allgemeinen Abwehr bei. Einige Tage wöchentlich 5 ml pro Liter Trinkwasser.
Da es keine Impfsto.e hierfür gibt, auch an dieser Stel-le unsere Empfehlung, auf die Stärkung der Immunität zu setzten und die geeigneten natürlichen, abwehrstei-gernden Präparate einzusetzten.
Die beste Krankheit ist die, welche nicht auftritt!
Ein besseres Schlusswort konntest Du nicht nennen. Danke.
Viel Erfolg,
Tierarzt P. Boskamp