“ONE EYE COLD”
Ein befreundeter Taubenzüchter fragte mich heute, ob ich nicht kurzfristig einen Newsletter bezüglich des Phänomens des “One eye cold” machen könnte.
Ihm zufolge haben derzeit viele Sportfreude in seiner Umgebeung mit dem Problem zu kämpfen. Demzufolge gibt es alle Arten von Geschichten rund um das Thema. Deshalb witmet sich dieser Newsletter diesem Thema. Der Newsletter über die Zucht, den ich schreiben wollte gibt es dann das nächste Mal.
Das “One eye cold” war immer schon die Bezeichnung für die reine Ornithose. Die reine Ornithose wird durch Chlamydia psittaci verursacht. Dieses Bakterium ist unter anderem verantwortlich für die Probleme der oberen Atemwege einschließlich der Fälle, die wir “One eye cold” nennen. Diese Chlamydien können auch Probleme bei Menschen verursachen. Es ist dann eine Zoonose. Beim Menschen können sich schwere Lungenentzündungen entwickeln. In der Praxis ist dies jedoch nicht so schlimm. Aber Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem tun gut daran dies ernst zu nehmen. Eine reine Ornithose sehen wir ürigens selten.
Normalerweise leiden die Tauben unter dem sogenannten Ornithose-Komplex. Damit meinen wir eine Erkrankungen der Atemwege verursacht durch mehrere Erreger. Welche Krankheitserreger es dann sind ist von Schlag zu Schlag unterschiedlich. Normalerweise sind Mycoplasmen beteiligt aber auch Herpes-Viren und weitere Viren und Bakterien. Die Schwere der Symptome hängt weitgehend vom Immunzustand der Tauben ab. Tauben während der Mauser im Herbst sind am schwächsten. Das ist auch einer der Gründe, warum wir in dieser Zeit die meisten Symptome sehen. Ein “One eye cold” kann einigen Tauben im Schlagbestand Probleme bereiten. Um es zu vermeiden alle Tauben während der Mauser mit Medikamenten zu behandeln, sollte man besser induviduell behandeln. Dies ist jedoch von der Anzahl der Krankheitsfälle abhängig ob eine komplette Bestandsbehandlung notwendig ist. Aber alle Tauben mit Medikamenten nur zu behandeln ist nicht ausreichend. Wir werden noch auf die Verbesserung der allgemeinen Widerstandsfähigkeit zu sprechen kommen.
Chlamydien sind speziell zu betrachten, wenn sie eine Rolle bei den Erkrankungen der Atemwege in einem Schlag spielen. Wir Tierärzte und Taubenzüchter sind daran gewöhnt, relativ kurze Behandlungszeiten bei Infektionen der Atemwege zu wählen. Nun lassen sich aber die Chlamydien nicht mit den kurzen Behandlungszeiten beseitigen. Ein Schlagbestand, der mit diesem Erreger infiziert ist muss intensiv gereinigt und desinfiziert werden. Ich empfehle dies auch während der Behandlung, um das Risiko einer Neu-Infektion in den Schlägen zu reduzieren. Dies kann mit Virkon®S oder einer Rauchtablette erfolgen. Ansonsten kann man fast sicher sein, dass die Bakterien im Staub auf dem Schlag überleben. Um eine sichere Behandlung der Chlamydien-Infektion zu gewährleisten, muss mindestens 40 Tage (!) mit Doxycyclin behandelt werden. In den Niederlanden ist diese Infektion eine meldepflichtige Krankheit. Von der Regierung ist dafür ein Heilmittel vorgeschrieben. Viele Tauben haben jedoch Antikörper gegen diese Keime. Die Keime sind bei den Tauben weit verbreitet. Die Gefahren sind real und gegenwärtig, dass dieses Bakterium während der Reisezeit wieder verstärkt auftritt.
Jedoch zeigen sich nicht bei allen Infektionen auch Symptome. Vor allem nicht, wenn die Tauben genug Abwehrkräfte haben. Ein solcher Effekt zeigt sich auch bei Mycoplasmen-Infektionen bei Tauben. Das bekannte “Röcheln” ist teilweise auf diese Erreger zurückzuführen. Doch sind auch andere Erreger dafür mit verantwortlich.
Wie erwähnt, können die Symptome des Ornithose Komplexes von mehreren pathogenen Keimen zusammen hervorgerufen werden. Zu den Symptomen des Ornithose-Komplexes gehören feuchte Augen, Augenlidentzündungen mit Schwellungen der Augenlider, Schleim im Hals, der auch oft gerötet ist, Augenränder und Nasen sind nicht mehr strahlend weiß. Drückt man auf die Nasen kommt manchmal beim Niesen Eiter. Husten beim abfühlen der Luftröhre manchmal mit Röcheln verbunden. Es hängt von der Art der Krankheitserreger ab, welche Symptome in den Vordergrund treten. Das kann von Schlag zu Schlag variieren. Dies ist auch ein Teil der Erklärung dafür, daß nicht immer dieselben Mittel gleich wirksam sind. Der Widerstand spielt dabei eine wichtige Rolle.
So können leichte Infektionen bei Tauben mit schlechtem Widerstand schwerere Symptome verursachen und Infektionen bei Tauben mit einem guten Widerstand sind kaum sichtbar. Man muss eben wissen, dass wir es mit einer komplexen Krankheit zu tun haben, dessen Ausprägung von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein kann. Normalerweise ist es möglich, die Probleme mit Medikamenten zu lösen. Aber man kann sich gut vorstellen, dass Medikamente nicht alle Erreger des Ornithose-Komplexes erfassen kann. Deshalb versuche ich es immer und immer wieder zu erläutern, gleichzeitig die Widerstandskraft zu verbessern.
Ich las vor kurzem eine Stellungnahme eines Kollegen zum “Pestkopf” ohne das er wusste, was es tatsächlich ist. Er wollte dieses Bakterium zum Teil des Ornithose-Komplexes machen. Ich denke, das ist nicht ganz korrekt. Diese “Pestkopf” ist ein Marker für das Versagen der Abwehrkräfte und nicht ein primärer Erreger. In kleinen Stückzahlen ist er mehr oder weniger unwichtig. Die Erfahrung, die wir in den letzten zwei Jahren mit diesem Problem gesammelt haben ist, dass diese Keime ab einem bestimmten Niveau den Tauben schadet. Dies äußert sich in einem Anstieg der Verluste sowohl bei alten und jungen Tauben. Letzteres in der Regel in größeren Stückzahlen. Wir können vielen Liebhabern bei diesem Problem helfen, indem wir den Widerstand der Tauben erhöhen. Ich vergleiche es mit den Trichomonaden. Bei leichten Infektionen werden die Tauben während der Wettflüge wenig leiden. Erhöht sich der Infektionsdruck dann ist dies anders. Nimmt das Infektionsrisiko noch weiter zu wird der Züchter mit Verlusten konfrontiert werden.
Wir sollten auch den Herpes-Virus als eine der möglichen Verursacher der Ornithose berücksichtigen. Die Zahl der Tierärzte, die den Nutzen der Impfung gegen diese Krankheit sehen, erhöht sich ständig. Ich stelle fest, dass immer mehr Kollegen eine Kombinationsimpfung empfehlen. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass viele Züchter viel weniger Probleme mit Erkrankungen der oberen Atemwege bei Jungtauben feststellen seitdem sie gegen diese Krankheit impfen. Es ist möglich, dass die wenigen Tierärzte, die von der Verwendung des Impfstoffs abraten diesen selbst falsch angewendet haben. In diesem Fall haben sie das Recht so zu reagieren. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine einmalige Impfung keine ausreichende Wirkung ergibt. Eine Doppelimpfung zeigt jedoch in der Praxis so viele positive Ergebnisse, dass wir die Verwendung nur empfehlen können. Für Züchter, die noch nicht mit diesem Impfstoff vertraut sind: Es ist ein Kombinationsimpfstoff gegen den Herpes- und dem Paramyxovirus. Durch zweimalige Impfung wird auch zweimal gegen den Paramyxovirus geimpft. Dies ermöglicht gegen diese Krankheit auch einen besseren Schutz.
Im Allgemeinen ist zu sagen, dass Tauben Träger einer großen Anzahl von Keimen sind, die unter Stressbedingungen für Probleme sorgen können. Vor allem, wenn es wiederholt zu einem Angriff auf das Immunsystem kommt. Letzteres sehen wir verstärkt während der Mauser- aber auch während der Reisezeit. Statt die Tauben regelmäßig mit Antibiotika vollzustopfen sollten die Chancen einer Impfung genutzt werden. Vorbeugen ist immer besser als heilen.
Peter Boskamp